Dissonanzen werden in der Psychologie gerne in direktem Zusammenhang mit Einstellungen thematisiert.
Unter dem Begriff der Einstellung versteht man die verlässliche Tendenz, bestimmte Dinge oder Sachverhalte zu betrachten. Einstellungen, die uns als Person prägen, sind relativ konstant. Sie haben eine Doppelbedeutung. Für uns selbst sind sie in unserm Streben nach Homöostase von Bedeutung, für unsere Umwelt sind sie wichtig, um uns einschätzen zu können und damit auch um Bewertungen vorzunehmen, z. B. ob man ein verlässlicher Partner ist. Man kann sagen, unsere Einstellungen helfen uns, die soziale Wirklichkeit zu betrachten.
Einstellungen bleiben nicht von selbst konsistent, sondern wir müssen dafür etwas tun. Leben wir mit unseren Einstellungen in Einklang, bezeichnet man diesen Zustand als Konsonanz. Ist dies nicht der Fall, ist unser aktueller Zustand dissonant. Dieses Konstrukt ist das Thema des US-amerikanischen Sozialpsychologen Leon Festinger, der die Theorie der kognitiven Dissonanz (KD) erarbeitet hat.
Kognitive Dissonanz ist ein konfliktbelasteter Zustand, der dadurch zustande kommt, dass wir eine Diskrepanz zwischen unseren Meinungen, Gefühlen oder auch Werten entwickeln. Wir bauen einen Widerspruch auf, der in Konsequenz ein aversiver Zustand ist und dazu tendiert, ausgeglichen zu werden. Unsere Ausgleichsdenkweisen (Kognitionen) müssen uns dabei gar nicht bewusst sein. Auf einer unmerklichen Ebene passen wir uns über Einstellungsveränderungen an den aktuellen inneren Zustand an. So stellen wir in der Regel einen Großteil unserer Alltagszufriedenheit her. Dies ist gleichzeitig auch der wichtige Aspekt, der dieses Thema für die Suchtarbeit unerlässlich macht.
Beispiel: Ein Raucher weiß, dass er Raucher ist, gleichzeitig aber auch, dass Rauchen Krebs verursacht. Damit befindet sich dieser Raucher in einem persönlichen Dilemma. Diesen Zustand nennt man eben die kognitive Dissonanz, die in dieser Konstellation auf eine Lösung drängt. Auf einer argumentativen Ebene wird der Raucher nach Ausgleich streben, z. B. indem er sich suggeriert: „Ich rauche aber nur leichte Zigaretten und auch gar nicht so viele.“ Mit dieser Bagatellisierung erleichtert er sich den Vorgang, weiter zu rauchen.
Dissonanzen sind damit treibende Kräfte in uns, Motivationen, die uns nötigen, etwas zu unternehmen. Da
diese Lösungen auf einer Denkebene entwickelt werden, sprechen wir von Kognitionen als dem Spektrum unserer Erkenntnis. Das folgende Beispiel, welches viele Betroffene kennen, soll die
Problematik weiter verdeutlichen. Stellen Sie sich bitte einmal die Frage: Sind Sie mit Ihrem Arbeitsplatz zufrieden? Sobald dieser Gedanke aufkommt, schweben Sie in der Gefahr, sich eine
beschönigende Antwort zu geben. Würden Sie mit Nein antworten, würde das bedeuten, Sie gehen täglich im Bewusstsein zur Arbeit, eine für Sie eigentlich unbefriedigende Tätigkeit auszuüben.
Allgemein tendieren Menschen zu einer anderen Lösung: Sie werden mit größerer Wahrscheinlichkeit Ihr Anspruchsniveau reduzieren und zwar soweit, dass Sie mit Ihrem Arbeitsplatz zufrieden sein
werden. Die eigene Arbeitssituation als andauernd unbefriedigend zu erleben, würde in der Realität zu einer Selbstabwertung führen, die in Ihnen Schaden anrichten kann.