Kanada gilt zur Zeit als ein Musterland für zeitgemäße Drogenpolitik. Seit dem 17.10.2018 dürfen erwachsene Personen ab dem 19. Lebensjahr Cannabis legal als Rauschmittel verwenden. 30 Gramm der Droge kann jeder erlaubt dabeihaben. Vertrieben wird der Stoff über lizensierte Unternehmen, der Preis bildet sich am legalisierten Markt und die Produkte werden besteuert. Bestehende Gesetze zum Tabakrauchen gelten auch für die Nutzung von Cannabis. Seit dem 17.10.2019 ist die Verarbeitung von Cannabis auch in Lebensmitteln, z. B. in Form von Süßigkeiten, erlaubt.
Zwischenzeitlich gibt es allgemeine Forschungsergebnisse. Erwähnenswert ist hier der Konsum durch Kinder. Die Zahl von Vergiftungen z. B. über den Konsum von Süßigkeiten hat signifikant zugenommen. Auch während der Pandemie stieg diese Anzahl an im Vergleich mit allgemeinen Vergiftungen. Dies sicher nicht unerwartet, wenn man davon ausgeht, dass Rauschdrogen immer Hilfsmittel sind und in dieser Funktion der allgemeinen Lebensbewältigung dienen, sonst gäbe es sie wohl nicht.
Vor der weiteren Konkretisierung kanadischer Ergebnisse und Erfahrungen an dieser Stelle eine kurze Markierung der gesellschaftspolitischen Situation zur besseren Vergleichbarkeit der Länder:
Die Gesellschaftsgefüge sind pluralistisch entwickelt, d.h. der Autonomie und der freien Entfaltung des Individuums folgt ein auf aktive Mitwirkung ausgerichtetes Verbunden Sein. Die als „Moderne“ entschlüsselten Industriegesellschaften packten alle mehr Risiken oben drauf. Aus Massenkonsum entstand mehr Wohlstand für alle, die Lifestyle-Lebensform gewann zunehmende Bedeutung und wurde ergänzt durch multikulturelle Aspekte. Damit nahmen vor allem die Ungewissheiten zu. Ein solcher Dauerzustand ist für den Menschen unerträglich und drängt ihn zur Lösungssuche hin, um der dissonanten Stimmungslage zu entkommen. Ein Wegbereiter für stetig mehr Drogenkonsum war etabliert.
Die akute globale Unsicherheit auf vielen politischen und ökonomischen Feldern ist sicher keine Grundlage für Politik, verantwortungsvoll Drogen frei zu stellen. Der geplante Strukturwandel in Sachen Mobilität, vor allem in den Städten, erfordert einen wachen und schnell reagierenden Verkehrsteilnehmer, auch die Fußgänger sind neu gefordert. Die Gesellschaft wird sich in zunehmend stärkerem Ausmaß über viele psychisch beeinträchtigende Umweltbedingungen klar, die selbst gestaltet sind. Beispiele sind die wachsende Entfremdung von der eigenen Tätigkeit als Arbeitsfeld, die stressbeladene Wohn- und Lebenskultur mit Isolierung und Anonymität auf der einen und der Forderung nach Solidarität auf der anderen Seite. Es ist eine Flucht in Konformität und Massenverhalten erkennbar. Traditionelle gesellschaftliche Absprachen suchen nach innovativen Lösungen, die aber nicht gefunden werden. Mehr Mediendruck spaltet die Gesellschaft.
Zurück zum Kernproblem, der Freigabe für den Straßenverkehr: nach Aussagen der Polizei sitzen immer mehr Kanadier benebelt am Steuer. Jeder 4. Nutzer der Droge gestand ein, schon einmal in diesem Zustand Auto gefahren zu sein. 5 Millionen der 37 Millionen Einwohner nehmen mittlerweile regelmäßig Cannabis-Produkte zu sich. Rechnerisch sind damit zur Stunde 1 Million Menschen unter der Wirkung der Droge Verkehrsteilnehmer. Die Zahl der Verkehrstoten übersteigt die Zahl der Unfalltoten aufgrund von Alkoholkonsum.
Weitere interessante Daten: der legalisierte Markt wird im Jahre 2019 in Kanada mit einem Volumen von 4,34 Milliarden Dollar bewertet, Schätzungen prognostizieren den Handel mit „Pot“ für Nordamerika für das Jahr 2024 mit einem Wert von 47 Milliarden Dollar. Für das aktuelle politische Thema besonders nützlich ist das Ergebnis einer Umfrage aus Kanada. Lt. Selbsteinschätzung der befragten Bürger ist ihr Urteilsvermögen hinterm Steuer durch Gebrauch der Droge definitiv beeinträchtigt.
Die „moderne Koalition“ hat bisher noch keine Entscheidung im Hinblick auf neue Regelwerke für Cannabis und Rauschmittelprodukte beschlossen. Erste Einblicke und Ergebnisse in Auswertungen anderer Länder lassen weitere Freiheiten im Umgang mit der Droge und insbesondere im Hinblick auf Regelungen im Straßenverkehr nicht zu.
Neue Anforderungen an moderne Mobilität stellen neue Herausforderungen an die Bürger, besonders in Städten mit hoher Verkehrsdichte wird sich dies zeigen. Waren Fußgänger bisher eher lästig und vor allem Opfer, kommt ihnen bald eine neue Rolle zu. Künftig werden Städte weniger von Pkw´s befahren werden, dafür steigen die Zahlen anderer Nutzungslösungen. Fahrrad , Roller verschiedenster Art und Antriebe, Mopeds u.a. werden neben dem Fußgänger die Straßen dominieren. Besonders dem Fußgänger kommt eine neue Verantwortung zu, er wird derjenige sein, der alles zu überblicken hat. Damit wird er neu und anders in Haftungen einsteigen müssen.
Stetig weitere Auflockerung bewusstseinsmanipulierender Drogen bedeutet auch einen Wertewandel in der Gesellschaft, die dies fordert. Hatte die Kulturdroge Alkohol bisher eine Monopolstellung in Sachen Rausch und damit auch eine Wertbedeutung in gesellschaftlichen Verhaltensmustern, erweitert sich dies in differenzierte Wertevorstellungen mit erweiterten Lebensstilen und Lebensformen. Vielleicht müssen moderne, neue und elementare Bedürfnisse neu zufrieden gestellt werden können. Eine Charakteristik des angestrebten Wertewandels ist zur Zeit nicht absehbar, neue Umgangsmöglichkeiten mit Drogen sind sicher richtungsweisend, da politisch legitimiert.
Weiteres lässt sich nach Konkretisierung des Gesundheitsministeriums aussagen und folgt nach Bekanntwerden der neuen Regelungen.