Süchtiges Verhalten meint überwiegend die psychologische Dimension eines allgemeinen Verhaltens bzw. von Verhaltensaspekten. Wie jedes andere Verhalten hat natürlich auch die Sucht ihre biochemische oder physiologische Komponente. Liegt in einer Betrachtung die Betonung stärker auf diesen Merkmalen, kommt der Abhängigkeitsbegriff ins Spiel. Der Abhängigkeitsbegriff umfasst damit intensiver die körperliche Seite, so dass ein gradueller Unterschied die Unterscheidung zwischen Sucht und Abhängigkeit entscheidend mitbestimmt.
Süchtiges Verhalten wird also auch auf einer körperlichen Ebene von Veränderungen begleitet. Gemeint ist an erster Stelle damit die sog. Neurotransmission, ein Mechanismus, mit dem Signale und Impulse zwischen Nerven weitergeleitet werden. Dies geschieht mit Hilfe von Neurotransmittern, also chemischen Systemen, die entsprechende Impulse weiterleiten. Je schneller die Transmission abläuft, desto intensiver sind die erlebbaren Gefühle dabei. Unterschiede in dieser Neurotransmission prädisponieren also den süchtigen Typus. Man kann auch sagen, es ist das aus der Anlage mitgegebene Programm des Einzelnen. Einflüsse des limbischen Systems und der kortikalen Systeme wirken über die Tätigkeit von Enzymen ebenfalls am süchtigen Verhalten mit. Weil wir permanent in einer Umwelt leben, sind gesellschaftliche Einflüsse zusätzliche Gefahren für die Grundlagenbildung süchtigen Verhaltens.
Suchtverhalten hat damit eine interdisziplinäre Grundlage, aber mit der Hauptgewichtung auf der psychologischen Reaktionsweise. Demzufolge kann man Suchtverhalten dann festmachen, wenn der Betroffene die Fähigkeit zur Selbstregulation und zur Selbstbestimmtheit verloren hat. Eine paradoxe Situation, denn positive Erlebensformen treiben uns unmerklich in die Sucht, die, wenn sie sich manifestiert hat, das Gegenteil abbildet und uns erfolgreich zerstört. Süchtigkeit entwickelt sich als ein schleichender Prozess, dem wir machtlos gegenüber stehen. So aufgefasstes, prozessgebundenes Suchtverhalten geschieht also außerhalb unserer Kontrolle. Substanzgebundes Suchtverhalten betont die körperliche Abhängigkeitsproblematik und endet meist im Kontrollverlust, i. d. R. definiert als Endstadium.
Das Wesen einer Sucht ist ihr stetiges Fortschreiten. Die Methode, die wir diesem Prozess entgegensetzen können, ist die Kontrolle über unser Verhalten. Wir müssen damit unser emotionales Verlangen kontrollieren und sollten bestrebt sein, eine angenehme Stimmungslage außerhalb süchtigen Verhaltens zu erreichen. Lernen wir Unbehagen und Frustration zu ertragen und mit negativen Gefühlen umzugehen, dann sind wir in aller Regel immun gegen tiefgreifende Manifestation süchtigen Verhaltens mit den meist bekannten Zerfallserscheinungen.