Ein Netzwerk neu gestalten ...

War in der Vergangenheit Suchtprävention überwiegend als Drogenprävention erkannt, sollte eine Neuformulierung darauf abzielen, süchtiges Verhalten in den Vordergrund zu stellen. Präventivarbeit geleitet von dem Ziel, Beiträge zu einer gesunden Lebensführung zu leisten oder auch Teil einer Gesundheitserziehung zu sein, haben der Gesellschaft positive Entwicklungen eingebracht. Die verschiedensten Maßnahmen haben ihre Wirkung erzielt. Dies gilt insbesondere dann, wenn Prävention als Aktivität vor Verschlimmerung aufgefasst wird. Gute Präventionsarbeit muss aber mit der Entwicklung der Zeit gehen und damit auch hier in Deutschland neue Gewichtungen festlegen.

Veränderte Schulzeiten und ein harter Wettbewerb unter den Schulen werfen die Frage auf, ob Schule  über das Lehrpersonal überhaupt sinnvoll und verantwortlich Erziehungsaufträge übernehmen  kann. Muss Schule nicht allzu sehr verallgemeinern, um überhaupt Zugang zu jungen Menschen zu finden? Suchtprävention erfordert Eingriffe in die Intimsphäre von Risikopersonen, um erfolgreich zu sein. Haben Lehrer heute dafür Zeit, ihre Schüler auf das Morgen vorzubereiten in den Ressourcen, die über den Erwerb von Wissen und allgemeiner Kompetenz hinausgehen? In einer Zeit, wo in vielen Ländern Europas Zukunftsperspektiven kaum noch erschlossen werden können, wie kann sich Präventionsarbeit darauf ausrichten? In der BRD läuft die Wirtschaft sehr gut, sie definiert ganz erheblich das gesellschaftliche Geschehen. Die junge Generation ist ehrgeiziger denn je. Der Konkurrenzkampf prägt schon in der Schule das Miteinander, das wenig Raum für tiefe Freundschaften lässt. Es gibt den schulischen Alltag in der Gemeinsamkeit und den Privatbereich eines jeden. Zusammenschlüsse daraus ähneln eher BGB-Gesellschaften ähnlich einer Entwicklung, die der Mannschaftssport aktuell hergibt. Ein neues Miteinander im modernen Wettbewerb braucht das Elternhaus mehr als bisher für verantwortliche Präventionsarbeit. Moderne Suchtprävention muss mehr bieten als ein praktisches Verhütungsmittel. Sie muss als langfristig angelegte Vorbeugung auch dafür Sorge tragen, dass im Negativfall Regeneration, Heilung und Integration möglich werden. Die Unwägbarkeiten der aktuellen Zeit auch im Hinblick auf politische Landschaften lassen kaum mehr zu, treffsichere Prognosen über künftige Entwicklungen der Heranwachsenden zu liefern. Dies wird umso schwerer, je mehr man die Ganzheitlichkeit mit einfließen lässt und daraus eine optimale Vorsorgearbeit ableitet.


Wie kann man die alte Aufteilung neu beleben und sinnvoll fortführen? Im Bereich von Tertiärprävention bleibt das Elternhaus in der Hauptverantwortung. Schule kann sich neu einbringen, indem sie ihre fundamentale Aufgabe neu ausrichtet, z. B.  ihren Schülern eine Heimat bietet. Hier könnten sich Eltern und Schule treffen. Schule unterstützt die Aufgaben in den Elternhäusern. Insgesamt geht es dabei um die Sozialisation der Kinder. Identitäten sind zu entwickeln, der Charakter bildet sich aus, viele Einstellungen sind zu übernehmen. Die Basis für eine gesunde Weltauffassung wird geschaffen, aber auch Fragen der Mentalität erhalten Bedeutung als Ausdruck des regionalen Geschehens der Gesellschaft. Mentalität ist auch ein mächtiges Instrument, auf das in der Zukunft liegend im Bedarfsfall rückgegriffen werden muss. In einem angenommenen Krankheitsfall z. B. einer Drogensucht kann das Fundamentale einen direkten Bezug zur Heimat und damit zur Herkunft haben und eine wichtige Rolle im Genesungsprozess darstellen. Wichtig ist hier, die Bedeutung der sog. sekundären Bedürfnisse zu erkennen und im Kontext der Vergangenheit zu thematisieren.

Im Bereich der Sekundärprävention liegt auch die Hauptlast vordergründig in den Elternhäusern. Schule sollte sich helfend einbringen durch bessere Vorbereitung auf den späteren beruflichen Werdegang oder auch durch eine Optimierung in der Abstimmung zwischen Lerninhalten und Persönlichkeitsaspekten. Die jungen Leute von heute werden sich auf dem künftigen Arbeitsmarkt mehr und mehr mit ihrem Arbeitgeber identifizieren müssen. Schule ist auch Arbeitgeber. Die Vielfalt in der Lehrerschaft spiegelt sich später am Arbeitsplatz wider. Die nötigen Lernprozesse vermittelt Schule wie automatisch.

Im Gebiet der Tertiärprävention werden Eltern, Umfelder, Arbeitgeber und ein stückweit auch Schule angesprochen. Hier ist der Erfahrungsaustausch mit Schule unerlässlich, bieten die Schulen doch das meiste Wissen, z. B. im Hinblick auf sinnvolle Integration an.

Optimale Suchtprävention muss interdisziplinär ausgestattet sein. Soll für Schulen der Zeitgeist getroffen werden, sind Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie den künftigen Arbeitsmarkt mit im Blickfeld haben.